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Verpflichtung zur Transparenz in Bremen

Artikel im Scheinwerfer 52 der Transparency International Deutschland e. V.

Von Imke Sommer (Autorin)

Menschen garantiert das Grundgesetz das Recht, für ihre Mitmenschen und den Staat intransparent zu sein, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Den Staat trifft demgegenüber nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und von gegenwärtig elf, nach dem Willen der Koalition in Baden-Württemberg bald zwölf Ländern die Verpflichtung zur Transparenz. Gegenüber Konzepten wie Wikileaks und Open Government haben die Informationsfreiheitsgesetze einen ganz entscheidenden Vorteil: Die Menschen können selbst entscheiden, welche Dokumente sie sehen wollen, und können ihre Ansprüche auf staatliche Transparenz gerichtlich durchsetzen. Die Informationsfreiheitsgesetze verpflichten die an die Gesetze gebundenen Verwaltungen direkt. Die an staatlichen Informationen Interessierten sind nicht darauf angewiesen, dass nicht-staatliche oder auch die staatlichen Organisationen selbst die Informationen für veröffentlichungswert halten.

In Bremen gilt seit August 2006 das „Bremer Informationsfreiheitsgesetz“. Seit März 2011 hat es eine novellierte Fassung. Von Anfang an hat das bremische Gesetz auf zwei Säulen des Zugangs zu amtlichen Informationen gesetzt – neben dem individuellen Antrag auf die Statuierung von Veröffentlichungspflichten für die öffentliche Verwaltung. Diese zweite Säule des Informationszugangs bezieht sich wie in vielen anderen Landesgesetzen auf Geschäftsverteilungs-, Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe personenbezogener Daten und auf die für individuelle Anträge wichtigen Verzeichnisse, aus denen sich vorhandene Informationssammlungen und –zwecke erkennen lassen. In Bremen gibt es daneben noch eine Veröffentlichungspflicht für „Verwaltungsvorschriften von allgemeiner Bedeutung“. Ein Veröffentlichungsgebot besteht für weitere „geeignete“ Informationen. Seit der Novellierung ist gesetzlich festgestellt, dass dazu jedenfalls Handlungsempfehlungen, Statistiken, Gutachten und Informationen gehören, zu denen bereits aufgrund eines individuellen Antrags Zugang gewährt wurde. Ebenfalls einbezogen sind beschlossene Senatsvorlagen und Protokolle und Beschlüsse öffentlicher Sitzungen. Auch Verträge der Daseinsvorsorge, also beispielsweise über die Wasserver- und -entsorgung, die Abfallentsorgung, den öffentlichen Personennahverkehr, die Energieversorgung, die Wohnungswirtschaft und die stationäre Krankenversorgung sollen veröffentlicht werden, sofern sie nach Inkrafttreten der Novellierung geschlossen wurden.

Alle Dokumente, die veröffentlicht werden müssen oder sollen, müssen in das zentrale elektronische Informationsregister (www.informationsregister.bremen.de) eingestellt werden. Hierbei handelt es sich um eine Datenbank, in der sich nur Metadaten wie Titel, Kategorie und Sachgebiet der gemeldeten Dokumente und – sofern die Dokumente elektronisch vorliegen – ein Link auf das dezentral gespeicherte Dokument befinden. Anlässlich der Metadatenerfassung werden auch Schlagwörter vergeben. Die Pflege der Dokumente erfolgt dezentral. Diese Konstruktion verhindert die Mehrfacherfassung und –speicherung von Dokumenten.

Ein wichtiges Argument für die Einführung des zentralen elektronischen Informationsregisters war es gewesen, die Verwaltung von der Bearbeitung individueller Anträge zu entlasten, indem sie diesen durch die Veröffentlichung der entsprechenden Informationen zuvorkommen muss oder kann. Nicht nur die Zugriffszahlen von monatlich durchschnittlich 3.500 belegen, dass diese Taktik aufgegangen ist. Auch eine im Zusammenhang mit der Evaluation des Gesetzes durchgeführte Telefonumfrage ergab, dass fast ein Fünftel der Befragten nur deshalb noch keinen Antrag auf Informationszugang gestellt hatte, weil diese Menschen die gewünschten Informationen schon im Internet erhalten hatten.

Ist die bremische Verwaltung also schon ausreichend transparent? Leider nicht, denn das zentrale elektronische Informationsregister wächst deutlich langsamer, als es allein die Veröffentlichungspflichten erforderlich machen. So sind in den letzten vier Monaten nur 231 Dokumente neu eingestellt worden. Das sind angesichts des Umstandes, dass die überwiegende Zahl der beschlossenen Senatsvorlagen dazu gehören muss, viel zu wenige Dokumente. Da ist es für die Verwaltungstransparenz unentbehrlich, dass sich das elektronische Formular für die individuellen Anträge nach dem Bremer Informationsgesetz gleich neben dem Informationsregister befindet: „Sie finden Ihre gewünschte Information nicht im zentralen elektronischen Informationsregister? Dann stellen Sie einen individuellen Antrag mit dem bereitgestellten Formular!“

Dr. Imke Sommer ist die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit der Freien Hansestadt Bremen.
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Herausgeber: Transparency International Deutschland e. V.
Fundstelle: Scheinwerfer 52, Themenschwerpunkt Informationsfreiheit, Seite 13